Die
Wahlprogramme der deutschen Parteien sind in etwa so schwer zu
verstehen wie Doktorarbeiten, zu diesem Schluss kommen jedenfalls die
Wissenschaftler der Stuttgarter Universität Hohenheim. Komplizierte
Fremdwörter, Anglizismen und Schachtelsätze, der geneigte Wähler
wird mit angrenzender Sicherheit beim Lesen der Programme über
reichlich Textsalat und Wort-Ungetüme stolpern. Da gibt es unter
anderem Begriffsfindungen wie "supra-regionale
Institutionen"
[Die Linke], "britische
Stempelsteuer"
[SPD], "prozyklisch
wirkende Regeln"
[CDU] oder "landwirtschaftlicher
Gunststandort"
[FDP].
Die
Parteien geben sich nicht wirklich Mühe, den Wählern ihre Politik
fassbar und plausibel nahe zu bringen. Dabei sollte es ja eigentlich
ihre Aufgabe sein, politische Positionen klar und verständlich
darzustellen. Selbst wenn die Wähler nicht das gesamte Programm
lesen, so sind ihnen einige Passagen zu bestimmten Themen sicher
wichtig.
Hinzu
kommen die unzähligen Medienauftritte unserer gewählten
Volksvertreter, fleißig wird hierbei mit Textbausteinen, Floskel,
Worthülsen und Phrasen jongliert. Mit dem Ziel, sich immer schön
winden, durchflutschen und ja nicht festnageln zu lassen. Kleine
Kostprobe gefällig? „Wir
müssen in die Zukunft unseres Landes investieren um es
weiterzuentwickeln und zukunftsfest aufstellen."
„Diese
Landesregierung steht für eine zukunftsorientierte und qualitativ
hochwertige Familienpolitik
und
es geht darum, die Zukunftsaufgaben zu finanzieren und das Land zu
gestalten.“
Um
es kurz auf den Punkt zu bringen, in der Politik hat die Phrase die
Botschaft abgelöst und das alles natürlich mit Unterstützung der
hiesigen Medienlandschaft. Und ja, dieser Umstand leistet dem derzeit
allseits beliebten Politiker Bashing ohne Zweifel einen ungemeinen
Auftrieb.
Wir
haben für unsere Arbeit „Heute
keine Sterne“
markige Sprüche, Weisheiten und Floskeln von amtierenden deutschen
Parteivorsitzenden/innen zusammengetragen. Da derzeit für den
Klartext der Aussagen durch die anhaltende Politikverdrossenheit eh
kaum bis gar kein Interesse besteht, wurden die Buchstaben, Leer- und
Satzzeichen mit Hilfe der Kryptografie in Zahlenkolonen umgewandelt.
Die von uns benutzte TAPIR-Substitutionstabelle wurde damals vom
Ministerium für Staatsicherheit und der Nationalen Volksarmee der
DDR für die Chiffrierverfahren KORALLE, KOBRA und PYTHON verwendet.
Die
so entstandenen Zahlenkolonen suggerieren dem Betrachter eine uns
nicht bekannte Sprache, eine fremde Zivilisation oder eine
extraterrestrische Lebensform und diese optische Wahrnehmung trifft
in Teilen ja derzeit auch auf unsere deutsche Politikerkaste zu.
Mit
Hilfe der ausgelegten TAPIR-Tabelle kann der experimentierfreudige
Besucher versuchen, die entsprechenden Zitate zu entschlüsseln.
Durch diesen Versuch der Dechiffrierung erfolgt ein geistiges
Neuzusammensetzen von Informationen. Ein Umwandeln und Bewegen von
Zahlen, Buchstaben und Zeichen, die sozusagen die Utensilien einer
geistigen Neuordnung der entsprechenden Informationen zur Schaffung
des Ursprünglichen sind. Durch diese spielerische Entschlüsselung
wird der Wähler kurzweilig an den Volksvertreter herangeführt, auch
auf die Gefahr hin, durch inhaltsmagere Äußerungen enttäuscht zu
werden.