DAS GROßE SCHMÖKERN [Mai - Juni 2016]


Vom 05.05.16 bis 04.06.16 beteiligt sich die forschungsgruppe kunst an der Gemeinschaftsausstellung "VERSCHWENDUNG - KUNSTLANDSCHAFT6" im Kulturhaus Mestlin.









 

Nach dem Motto: „Und täglich grüßt der Briefkasten!“ hat sich unser temporärer Forscher R.M. aus R. zwölf Monate lang mit seinem häuslichen Postkasten intensiv beschäftigt und dabei Erstaunliches feststellen können.
Für die Herstellung von einer Tonne Zellstoff werden 2,2 bis 2,5 Tonnen Holz verbraucht. Je nach Verfahren werden für eine Tonne Papier 1,2 Tonnen (Holzschliff) bis 3 Tonnen (hochreiner Zellstoff) Holz verbraucht. Eine durchschnittliche schwedische Fichte hat ein Volumen von 0,15 cbm. Daraus sind ca. 67 kg Frischfasern (Trockensubstanz) zu gewinnen, die für 73 kg Zeitungspapier mit einem Feuchtgehalt von 10 % reichen. Druck und Verarbeitung führen zu Ausschüssen von 7 kg, so dass 66 kg Zeitungen zu den Lesern gelangen. Das sind rund 560 Stück zu je 24 Seiten mit je 120 g.“ [Quelle: wald.org] 
 
R.M. besitzt ein Jahres-Abo der regionalen Ostseezeitung und gewährt den kostenlosen Anzeigenblättern Rostocker Blitz, Ostseeanzeiger und Warnow Kurier plus dazugehörigen Werbewurfsendungen ein tägliches Asyl. Entsprechend den Berechnungen von wald.org, würde jährlich eine schwedische Durchschnittsfichte im Briefkasten von R.M. landen. Zum Glück werden die Zeitungen zu Teilen aus recyceltem Papier produziert und somit können aus dieser einen Fichte tatsächlich 1.560 Zeitungen hergestellt werden. Unsere statistische Durchschnittsfichte würde sich folglich innerhalb eines Zeitraums von 3 Jahren im Briefkasten von R. M. verteilen.

Neben dem großen Bedarf an Holz ist auch der Stromverbrauch zur Herstellung von Zeitungspapier immens. Der Energieverbrauch für die Herstellung von einer Tonne Papier entspricht in etwa dem Energieverbrauch zur Herstellung einer Tonne Stahl. Betrachtet man all diese Fakten so stellt sich unwiderruflich die Frage, ob sich die Abonnenten von der analogen und papierverschwendenden Informations- und Werbevermittlung verabschieden sollten.



 
Mit unserer Installation DAS GROßE SCHMÖKERNwollen wir dem Betrachter aufzeigen, was der Abschluss eines analogen Jahres-Abo bedeuten kann und gleichzeitig den positiven Ressourcenverbrauch der digitalen Informationsbeschaffung vermitteln. Zugleich wollen wir auch beim Besucher einen eventuell latent vorhandenen Widerspruch provozieren um entsprechende Reaktionen hervorzurufen, die so oder so ähnliche lauten könnten: … „na und, dann leiste ich mir eben ein Stück Verschwendung und genieße die haptische Informationszufuhr“„ich liebe den Geruch von Zeitungspapier, die Druckerschwärze an meinen Finger und diese Raschelgeräusche beim Lesen“„sitze ich an meinem PC oder Smartphone und gebe mich der digitalen Informations- und Werbeflut hin, verschwende ich nur kostbare Lebenszeit“„die Urlaubsbehütung meines analogen Briefkastens schafft soziale Kontakte im Haus“… 
 
Trotz intensiven Wissenserwerb über die Verschwendung von Energie und Rohstoffen zur Herstellung von Zeitungspapier kann und möchte R.M. dennoch nicht auf das haptische Erlebnis des Lesens seiner heißgeliebten analogen Tageszeitung verzichten!
quod esset demonstrandum